vergangen_gegenwärtig_zukünftig | spurensuche pfarrkirche st. maria magdalena. rheinbreitbach / vor der renovierung | 2010

zeichnung | wandzeichnung | frottage | hinterglasdruck, kohle, spinngewebe, grafit, pastellkreiden

Schirmherr: der damalige Weihbischof von Köln,  Dr. Heiner Koch/ heutiger Erbischof von Berlin

Einführung: Dr. Johanne Gummlich, Leiterin Rheinisches Bildarchiv. Köln

Fotos: Lydia Boendgen, Marcus Fehlinger , Franca Perschen 2010/2011

 

Grußwort Dr. Heiner Koch:

„Man sieht oft etwas hundertmal, tausendmal,
ehe man es zum allerersten Mal wirklich sieht“
(Christian Morgenstern)

Tatsächlich, es ist eine Kunst: zu sehen.
Es bedarf einer Anstrengung und einer Übung: sehen zu lernen. Vielleicht ist das eine Urkunst: das Sehen.

Gerade in einer Gesellschaft, in der der Mensch mit Bildern in den Medien und Massenmedien überflutet wird, ist es nicht selbstverständlich, dass das menschli-che Sehen mehr ist als nur ein optisch-physikalischer Vorgang; denn die eigentliche Sehfähigkeit des Menschen ist untrennbar verbunden mit dem Entdecken und dem Verstehen.

Schon Jesus wusste von vielen Menschen, die sehen und doch nicht sehen (Mt 13,13), die sich ver-sehen, die so vieles in ihrem Leben übersehen. Wer über-sieht, sieht nicht in die Tiefe, für den ist das auf der Oberfläche Sichtbare alles.

Ist die eigentliche Kunst nicht die, die Menschen sehen zu lernen? Ihnen zu zeigen, dass es mehr zu sehen gibt in dieser Welt als es die ersten optischen Eindrücke vermuten lassen? Führt nicht die bildnerische Kunst zu der Erfahrung, dass das zunächst Sichtbare nur Bild eines Abgebildeten ist?

In dieser Sicht-Weise treffen sich Kunst und christlicher Glaube. Denn der christli-che Glaube gründet in der Überzeugung, dass die zunächst sichtbare, greif- und erfassbare Welt durchschaut werden kann auf eine tiefere Wirklichkeit, in der sie gründet. Diese tiefere Dimension nennen wir Gott. Auf ihn hin ist in unserem Glauben alles durchsichtig, und ER scheint in allem durch. Alle Wirklichkeit ist so für uns Christen „sakramental“. Gottes Wirklichkeit ist in allen Bildern dieser Welt sichtbar. Menschen, die diese tiefere Wirklichkeit sehen, gilt die Seligpreisung: „Selig sind eure Augen, weil sie sehen.“ (Mt 13,16)
 
Die in der katholischen Pfarrkirche St. Maria Magdalena in Rheinbreitbach gezeigten Wandzeichnungen sind in diesem Sinn eine Sehhilfe. In den Spuren der Kirche und der Menschen, die zum Lobe Gottes zusammenkamen, macht Franca Perschen das reiche Beziehungsgeschehen an diesem Ort sichtbar: die Beziehung Gottes zu den Menschen und der Menschen zu Gott und der Menschen, die hier zusammenkamen, untereinander. In diesem Raum verweben sich Gottes- und Menschengeschichte. Indem sie Spuren dieser Geschichte hervorholt und auf-zeichnet, hilft sie uns, den Betrachtern, das Beziehungsgeschehen in diesem Raum wahrzunehmen und selbst in diese Beziehung hineinzutreten. In ihren Zeichnungen wird Geschichte so zur Gegenwart.

Ich danke der Künstlerin Franca Perschen für diese „Sehhilfe“, die Leben eröffnet.

Weihbischof Dr. Heiner Koch
Köln 2010

 

 

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Date

02/03/2017